WED+ im INDat Report Ausgabe 03_25

»Warum, meinen Sie, sind wir hier?«

Aachen. WED+ hat sich auf die Restrukturierung mittelständischer Unternehmen spezialisiert und bietet Beratung sowie
(Interim)Management außerhalb und in der Insolvenz an. Geht WED+ in ein Unternehmen, gilt ein zentraler Erfolgsfaktor:
Die Mitarbeiter sollen aus ihrer krisenbedingten Schockstarre gelöst werden, um gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln.

Text: Sascha Woltersdorf

Wie bewältigt man eine Krise? Zu den zentralen Erfolgsfaktoren gehöre, sagt Geschäftsführer Moritz Schumacher, die Fähigkeit, Mitarbeitende vor Ort abzuholen und einzubinden. »Ohne deren Rückhalt wird eine erfolgreiche Umsetzung schwer – gegen ihren Willen nahezu unmöglich.« Der Diplom-Betriebswirt Schumacher gehört zu den Geschäftsführern der Unternehmensberatung WED+, die sich auf die Restrukturierung mittelständischer Unternehmen spezialisiert hat. Dabei nimmt man für sich in Anspruch, nicht auf »luftige Konzepte« zu setzen, sondern übernimmt selbst Verantwortung im angeschlagenen Unternehmen.

Teambuilding durch u. a. Transparenz und Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern gehörte essenziell dazu. Dies ist jedoch keine einfache Aufgabe. Denn ihre aktuelle Situation, die Krise, ganz realistisch zu betrachten, fällt vielen Mitarbeitern schwer. Schumacher löst in solchen Situationen »das Potential der Leute vor Ort möglichst schnell aus der empfundenen Schockstarre« mit dem Ziel eines »konstruktiven Gedankenaustauschs«. Dies gelinge manchmal sogar mit einer ganz einfachen Frage: »Warum meinen Sie, lieber Produktionsleiter X, sind wir hier?«

Denn gerade die Krise stelle die größtmögliche Einladung dar, vollkommen ergebnisoffen über Veränderung nachzudenken und neue Lösungsansätze zu entwickeln. Über Veränderung nicht mehr nachzudenken, sei dagegen das Ende jedweder Innovation oder Evolution. »So banal es sich anhört, aber hier ist oft die Krise begründet. Eine ständige Hinterfragung der eigenen Leistung und der Prozesse hat aufgehört. Der eigene Weg wird als der einzig mögliche oder, schlimmer noch, einzig richtige Weg erachtet.« Zwei sich eigentlich widersprechende und trotzdem immer wieder in beliebiger Mischung auftretende Aussprüche höre man dann gewissermaßen als Dauer-Sound der Krise: »Das haben wir aber schon immer so gemacht! « und »Das haben wir aber noch nie so gemacht!«

Moritz Schumacher gehört seit März 2024 neben Mike Degen zur Unternehmensleitung der WED+ Unternehmensberatung GmbH. Laut der Pressemitteilung zum Eintritt des 45-Jährigen war er zuvor als Member Executive Board der Beteiligungsgesellschaft Schauenburg International für internationale M & A sowie die strategische Geschäftsentwicklung der Portfoliounternehmen verantwortlich. Weitere Stationen waren Unternehmen wie Siemens, Vodafone und Tank & Rast sowie internationale Beteiligungsgesellschaften. Dort war er für Projekte mit den Schwerpunkten M & A, Restrukturierung und Geschäftsentwicklung zuständig. Zugleich mit Schumachers Eintritt will WED+ verstärkt eine außer- und vorinsolvenzliche Sanierungsberatung leisten. Man übernehme operative Managementaufgaben, beispielsweise als Interim Manager oder auch in Organstellung. Und man unterstütze Kunden sowohl bei der Analyse der Ausgangslage, bei der strategischen Planung als auch bei der operativen Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen. Zudem biete man »umfangreiche Leistungen in Corporate Finance inklusive operativer Beratung zu Finanzierungslösungen sowie die Begleitung und Umsetzung von M&A-Prozessen«.

Als jüngere Referenzen nennt die Aachener Unternehmensberatung u. a. Condor Flugdienst GmbH (2019–2021), Solibro GmbH (2019–2020), HAL Automotive Plauen GmbH (2023), Unser Heimatbäcker Holding GmbH (2024) sowie Deutsche Giga Access GmbH, BPG Building Partners Group GmbH und KaDeWe Group GmbH (alle 2024–2025).

Motivationsschub im Luftfahrtsektor

Der Ursprung der Unternehmensberatung liegt im Jahr 1992 und in der Gründung durch Roman Eisele. WED+ als Gesellschaft ist seit 2017 am Markt tätig und geht zurück auf die 2002 entstandene Eisele & Degen Consulting GmbH. Heutige Partner der WED+ sind Roman Eisele, Mike Degen, Claus Nürnberg und Moritz Schumacher. Zu den Wegmarken der anfangs als Insolvenzdienstleister mit dem Schwerpunkt auf interimistisches Management und operatives Controlling gestarteten Beratung gehören die Cargolifter AG (2002–2003) und die Woolworth GmbH & Co. KG (2009–2010).

Wie man neue Wege findet und dafür Mitarbeitende und Stakeholder motiviert, zeigt ein viel beachtetes Verfahren im Luftfahrtsektor. Während der Pandemie gelang es, den Betrieb des Fluganbieters kurzfristig strategisch neu auszurichten, so der WED+-Chef. Der Einbruch des Passagierverkehrs sei angesichts der Corona-Situation zu erwarten gewesen. »Der erste Schritt war noch extrem naheliegend: Die Bundesbürger sollten überall auf der Welt ein niederschwelliges Angebot zu einem Heimflug bekommen. Es musste aber klar sein, dass unmittelbar nach dieser nie da gewesenen Heimholaktion der Passagierverkehr zum Erliegen kommt. Man holt kaum die Bürger zurück nach Deutschland, weil in kürzester Zeit später wieder business as usual, also Urlaubs- und Geschäftsreisen, möglich sein werden.«

WED+ gelang die schnelle Umstellung vom Passagierverkehr zum Transport medizinischer Güter. So wurde der Betrieb aufrechterhalten, bis eine Rückkehr zum Kerngeschäft möglich war. »Es war eigentlich relativ gut erkennbar, was noch gehen wird, und gleichzeitig große Transportvolumina erfordert: einerseits sehr aufwendige Güter aus Deutschland in alle Welt, z. B. Beatmungsgeräte, Herz-Lungen-Maschinen, Sauerstoffaufbereitung etc., andererseits große Mengen günstiger Schutzmaßnahmen, welche schon seit geraumer Zeit nicht mehr in Deutschland gefertigt wurden, aber nunmehr hier in großen Mengen benötigt wurden: Atemschutzmasken! Von dieser Erkenntnis bis zum Ausbau der Sitzreihen aus den Flugzeugen war es dann nicht mehr weit.«

In einem weiteren Beispiel gelang die ungewöhnliche Transformation eines Standorts. Eine riesige Produktionshalle lag brach, insgesamt rd. 66.000 Quadratmeter Fläche und ein umbauter Raum von rd. 5,5 Millionen Kubikmetern – das »damals und heute größte freitragende bzw. säulenfreie Gebäude der Welt«, erklärt Schumacher. Der einzige Zweck war entfallen und »keine der weltweit gesuchten Parteien war willens oder in der Lage, die nötigen Mittel für die Fortführung des ursprünglichen Hightechprojekts zur Verfügung zu stellen.« Die Kosten für den Erhalt der Halle lagen selbst bei Leerstand zwischen 4 und 6 Mio. Euro im Jahr. Ein Kostenfaktor: Die Bodenplatte des Gebäudes musste innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs gehalten werden, um die Stabilität der Konstruktion zu gewährleisten, wie Schumacher berichtet. »Das Gebäude und die Außenhaut waren extra so gebaut, dass es sich möglichst wenig aufheizt und trotz relativ dünner Membranbauweise wenig UV-Strahlung ins Innere gelangt.«

Um die strategische Neupositionierung als »Erlebnisareal« mit sonnig-warmem Urlaubsflair zu schaffen, war jedoch möglichst viel UV-Licht notwendig – für Menschen und Pflanzen im geplanten »Freizeit- und Tropenparadies«. Schumacher: »Nun sollte nicht in angenehmer Kühle körperlich gearbeitet werden, sondern bei leichter Bekleidung gechillt, gebadet, sauniert und entspannt werden. Die Lösung: Mit relativ geringem Aufwand wurde die Bespannung des Bauwerks auf der Süd-West-Seite ausgetauscht und voilà: Der Grundstein für das heutige Freizeit- und Tropenparadies war gelegt.«

Breites Branchenspektrum und starkes Netzwerk

Das Branchenspektrum von WED+ ist nach eigenen Angaben breit gefächert und reicht von Automobil-, Kunststoff- und metallverarbeitender Industrie über Maschinen- und Anlagenbau bis zu Gesundheitswesen, Hotel- und Gaststätten, Handel und Dienstleistung. Die Mitarbeiterzahl liegt bei »rd. zwölf« vom Backoffice über Betriebswirte bis zu Kräften mit technischem Hintergrund, die über eine »lange Erfahrung mit Leitung und Verantwortung in der Unternehmenssteuerung verfügen«. Dazu, so Schumacher weiter, geselle sich ein Stamm von rd. 80 engeren Partnern, die in verschiedensten Industrie- und Dienstleistungsbranchen zu Hause seien. Ein Netzwerk, das nach der Arbeit in zahlreichen Sanierungsfällen weit gespannt ist. Schumacher: »In vielen der weit über 800 Insolvenzverfahren und Beratungsmandate lernt man branchenspezifische Fachleute kennen. Manche davon waren und sind externe Berater wie wir. Andere waren Mitarbeiter des betroffenen Unternehmens, welche die Krise ihres Unternehmens auch als Chance für sich selber verstanden und genutzt haben.« Und sie alle werden eine zentrale Frage beantworten können: »Was macht WED+ eigentlich hier?«

 

3 Fragen an Moritz Schumacher

1. Ihr zeitliches Arbeitsverhältnis von analog zu digital?

Mit Office 365, Teams und Copilot hat sich der Arbeitsalltag für mich grundlegend verändert. Prozesse wurden beschleunigt, Kommunikation wurde vereinfacht und Informationen zentral gebündelt. Durch die Nutzung von Datenmodellen werden schnelle und transparente Entscheidungen ermöglicht, während digitale Projektmanagementtools die Zusammenarbeit effizienter gestalten und den Wechsel zwischen Planung und Umsetzung deutlich verkürzen.

2. Ihre jüngste berufsbedingte Fortbildung?

Immer wiederkehrendes Management-Coaching am »Hernstein Institut«, um Skills wie z. B. strategische Entscheidungskompetenz sowie die Stärkung von Soft Skills (Verbesserung der sozialen und emotionalen Intelligenz im Umgang mit Teams und Stakeholdern, Entwicklung von Resilienz, Konfliktfähigkeit und konstruktiver Kommunikation), Netzwerk und Erfahrungsaustausch zu fördern.

3. Wie gewinnen Sie am besten Abstand zur Arbeit?

Abstand zur Arbeit finde ich am liebsten in der Natur – Skifahren im Winter und Wandern im Sommer bieten dabei den perfekten Ausgleich. Für den sportlichen Ausgleich am Abend sorgen Tennis und Rennradfahren. Beides hilft, den Kopf freizubekommen und neue Energie zu tanken.

Der nächste Schritt in die richtige Richtung? Ein Beratungsgespräch mit uns.